Letzte Woche schrieb ich hier, wie hilfreich es in Krisen ist, innezuhalten, hinzuschauen und Gefühle zu benennen. Heute stelle ich ein zweites hilfreiches und stabilisierendes Element vor, das Ritual.
Das Begräbnis von Königin Elisabeth II war ein einziges riesiges Ritual: Die Feier folgte einer altehrwürdigen und erprobten Regie, sie lebte nicht von sensationellen Effekten, sondern von Bedachtsamkeit, Gemeinschaft und Ästhetik. Es brauchte kaum Deuteworte, um zu verstehen, dass es um Dankbarkeit gegenüber einer großen Persönlichkeit, um Abschied und um Selbstvergewisserung ging.
Wenn auch nicht in einer derartigen Größenordnung, so kennt doch jeder von uns Rituale im Leben. Sie folgen entweder dem Rhythmus der Zeit, sind an Orte gebunden oder begleiten Lebenswenden und helfen dabei mit begleitenden starken Gefühlen umzugehen. Rituale vereinfachen das Leben und sparen somit Energie, weil sie helfen, dass wichtige Abläufe nicht je neu erfunden werden müssen. Rituale geben soziale Sicherheit, sie helfen, Gefühle ohne viele Worte zu bewältigen.
In der derzeitigen Verunsicherung können einfache Rituale sehr hilfreich sein: Zum Beispiel: in der Kirche ein Kerzerl anzünden, sich mit Weihwasser bekreuzigen, einen Spaziergang zu einem Bildstock oder Marterl unternehmen, den Tag mit einem Gebet beginnen oder beenden, den Verkäufern von Straßenzeitungen Münzen zustecken, vor dem Essen dankbar innehalten (Tischgebet), den Sonntag anders leben als die anderen Tage.
Ich wünsche Ihnen Kraft aus Ritualen!