Über das Zuhören und aufeinander Achtgeben in herausfordernden Zeiten.
Unlängst hat mich ein befreundeter Priester gefragt: „Hast momentan viele Sorgen?“ Die Frage hat mir gut getan, und ich konnte ihm von der Arbeit erzählen, die mich zurzeit belastet. Es war schön, dass es jemanden interessiert, wie es mir geht. Das ist ja das, worunter die meisten Menschen in der Coronazeit leiden: dass es so wenige Kontakte gibt, bei denen man einfach miteinander reden kann. In realer Begegnung, ohne Bildschirm und ohne übertriebene Angst vor gegenseitigen Ansteckungen und dennoch rücksichtsvoll.
Das ist – kurz umschrieben – die Aufgabe der Kirche: Sie soll den Menschen erlebbar machen, dass Gott (!) selbst sich für dich interessiert und bereit ist, dich zu fragen: „Erzähl, wie geht es dir?“ Dass er zuhört, weil er sich für dich interessiert und in der Kraft des Heiligen Geistes neue Impulse fürs Weitergehen gibt. Wieso ich das mit Bestimmtheit sagen kann? Weil Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, um genau das zu vermitteln: Gott ist nahe, begreifbar und berührbar im Menschen Jesus von Nazareth.
Die Kirche verkündet diese frohe Botschaft von der Berührbarkeit Gottes und von seiner Sehnsucht, Menschen zu berühren. Sie tut das durch ihre biblische Botschaft, durch die Feier der Gottesdienste, vor allem der Sakramente und besonders durch ihr Tun: Gläubige Menschen verstehen sich als verlängerte Arme Gottes, nicht im hochmütigen Sinn, sondern im demütigen: als Werkzeuge, als Diener für andere Menschen, um ihnen die Frage zu stellen „Wie geht es dir?“, und damit Gott die eigene Stimme zu leihen.
Kirche heißt: Als Menschen der Welt Gott zeigen. Ob uns das gelingt? Manchen schon. Die nennen wir Heilige. Im Advent fällt unser Blick auf sie. Auf die heilige Barbara und den heiligen Nikolaus, auf Johannes den Täufer und vor allem auf Maria. Aber er fällt auch auf die, die am Weg zur Heiligkeit mit uns unterwegs sind durch ihre liebevolle Aufmerksamkeit. So wie mein Priesterfreund. Und damit hat er mir nicht nur gut getan, sondern auch wieder die Lust geweckt, anderen Menschen diese Liebe Gottes, die uns umgibt, zu vermitteln, indem ich sie frage: „Hast momentan viele Sorgen? Magst erzählen? Ich höre dir zu.“