Tja, Finanzfragen sind immer heikel, und zugleich unerlässlich. Die Wurzel des Kirchenbeitragssystems liegt noch dazu in der Zeit des Nationalsozialismus: Die Machthaber enteigneten die bisherige materielle Lebensgrundlage der Kirche, den „Religionsfonds“ und ermöglichten der Kirche in Österreich „großzügigerweise“ im Gegenzug die Einhebung eines Kirchenbeitrags, verbunden mit der verdeckten Hoffnung, dass die Menschen die Kirche nicht freiwillig unterstützen würden. Es kam anders:
Viele Katholiken erkannten in der Zahlung des Kirchenbeitrags eine Möglichkeit, dem Regime legitim etwas entgegenzusetzen. Jetzt haben wir damit zu leben. Die Grundstücke und Immobilien des Religionsfonds sind längst in anderem Besitz oder vernichtet. Wie soll sich die Kirche daher heute ihre Leistungen finanzieren? Ich halte den Kirchenbeitrag noch immer für die beste aller schlechten Möglichkeiten, auch angesichts der spürbar heutigen Teuerungen. Warum?
▶ Der Kirchenbeitrag ist sozial treffsicher. Er wird an der Höhe des Einkommens bemessen und wegen finanzieller Belastungen heruntergesetzt. Die Kirchenbeitragsstellen informieren über Ermäßigungsmöglichkeiten.
▶ Der solidarische Beitrag ermöglicht, dass auch Menschen mit geringen finanziellen Mitteln die kirchlichen Angeboten nützen können.
▶ Die karitativen Einrichtungen der Kirche unterstützen Menschen, die von der Teuerung besonders hart getroffen sind.
▶Die Auswirkungen der Energiekrise betreffen auch die Kirche, weil etwa Heiz- und Stromkosten der Pfarren dramatisch steigen. Es wäre auch gesellschaftlich gefährlich, wenn die Pfarren als landübergreifendes Solidarnetz „zusperrten“.
▶Die Kirche erfüllt in Österreich Aufgaben, die in anderen Ländern die öffentliche.
Hand wahrnimmt – etwa die Erhaltung der Kirchengebäude.
Unser Kirchenbeitragssystem ist gewachsen, deshalb ist es auch nicht „am Schreibtisch“ durch ein anderes System zu ersetzen, sehr wohl ist es aber weiterzuentwickeln. Die jetzige Krise legt das gewiss nahe.