Mir geht es beim Ausfüllen von Fragebögen oft auch so: Keine Antwort trifft wirklich zu, oder ich müsste mehrere ankreuzen, ist aber nicht möglich….
Ich würde die Fragestellung im angesprochenen Fragebogen nicht überbewerten, es müssen halt Antwortmöglichkeiten geboten werden. Dennoch ist es interessant, dass Frau Santner fragt, ob es sich da nicht vielleicht um einen „blinden Fleck“ handeln könnte. Worin könnte er bestehen?
Vielleicht identifizieren wir mitunter Engagement tatsächlich vorschnell mit dem Ehrenamt, wie es üblicherweise verstanden wird: mit dem Übernehmen eines Amtes, einer konkreten Aufgabe eben. Pfarren leben von Menschen, die sich verbindlich für eine definierte Tätigkeit zur Verfügung stellen. Das kann im Pfarrgemeinde- oder Vermögensverwaltungsrat geschehen, aber auch außerhalb, in der Erstkommunionvorbereitung oder beim Blumenschmuck für die Kirche. All diesen Menschen bin ich riesig dankbar.
Das 2. Vatikanische Konzil hat die Bedeutung des Getauft- und Gefirmt Seins betont („gemeinsames Priestertum der Gläubigen“). So gesehen jeder in der Kirche ehrenamtlich: Weil er/sie mit der Ehre der Zugehörigkeit zu Christus das Amt übernommen hat, Ihn in unserer Welt zu repräsentieren. So verstanden gibt es „Ehrenamt“ als bewusstes christliches Leben im gesamten Alltag: in der Familie, im Beruf, im Freundeskreis, im Verein, in der Pfarre/Gemeinschaft usw.
Wie könnten man im Fragebogen anders formulieren? Vielleicht „bewusst christlich lebend?“ Für Vorschläge bin ich offen. Jedenfalls ist es ein gutes Zeichen, dass neben Hauptamtlichen und im landläufigen Sinn Ehrenamtlichen auch viele andere Menschen den Fragebogen ausgefüllt haben. Denn zur Kirche gehören alle Getauften.
+Stephan Turnovszky
Weihbischof Stephan Turnovszky Kolumne „Brückenbauer“, Der Sonntag, 2022-10