„Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.“ (Mt 5, 5)
Es geht doch in allen Kriegen um Gebietsgewinne, um Land: Russland will die Ukraine besetzen, Aserbaidschan will die von Armeniern bewohnt gewesene Enklave Bergkarabach erobern, Israel und Palästina ringen um Territorien im Westjordanland und im Gazastreifen. Armeen marschieren auf, um Land für sich zu beanspruchen. So viel Verbissenheit und Gewalt!
Jesus spricht im Kontrast dazu vom völlig entspannten Gebietsgewinn durch Erbschaft. Wer erbt, braucht sich gar nicht zu anzustrengen, ihm fällt das Erbe gleichsam in den Schoß. Er muss das Erbe nur annehmen, das ist alles.
Wem verspricht Jesus solche Geschenke: den Sanftmütigen. Ein altertümliches Wort, das aber doch jeder versteht: Menschen mit einem sanften Gemüt sind gemeint. Solche, die nicht aufbrausen, sondern ruhig bleiben, mit denen man reden kann, die weniger über andere und mehr über sich selbst lachen. Angenehme Menschen eben.
So einer muss Jesus gewesen sein. Hat er Land geerbt? Ja, in zweifacher Hinsicht: Er sprach immer vom Reich Gottes. In dem war er zu Hause. Er hatte sozusagen einen spirituellen Lebensraum, dem ihm niemand nehmen konnte. Er hat im Bewusstsein gelebt, von Gott geliebt zu sein und daher keine Angst gehabt, zu kurz zu kommen. So war er mit allem zufrieden, was ihm zufiel. Und nach seinem Tod ist er von den Toten auferstanden. Da hat er den ganzen Himmel geschenkt bekommen („geerbt“), ohne dass er dafür kämpfen musste.
Mir sagt der Bibelvers für mein Leben: Ja, ich darf mich gegen Unrecht verteidigen, ich muss mir nicht alles gefallen lassen. Aber ich möchte nicht selbst zum Aggressor werden, möchte nicht verbissen werden, sondern auch unangenehmen Menschen gegenüber ein sanftes Gemüt bewahren. Aus immer wieder gemachter guter Erfahrung vertraue ich darauf, dass mir Wichtiges dann einfach zufallen wird.
Dein Jugendbischof
+Stephan Turnovszky